Hofer LandLieferbus: Innovative und bedarfsorientierte Lösung für Versorgungslogistik in ländlichen Räumen
Gut versorgt auch im ländlichen Raum – der Logistikexperte Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt prüft mit dem HoferLandLieferbus die Machbarkeit einer individuell durchdachten Logistik für Regionen auch außerhalb von Metropolen.
Ein Umdenken ist die Voraussetzung
In vielen ländlichen Regionen hat sich in den letzten Jahren die Versorgungssituation massiv verschlechtert, die Sicherstellung der Daseinsvorsorge und gleichen Lebensverhältnissen wie in urbanen Regionen wird immer schwieriger. Diese Defizite offenbarten sich zugespitzt vor allem in Zeiten der Pandemie.
Die Basis des Logistik-Konzeptes bildet ein funktionierendes Mobilitätssystem. Zahlreiche Mobilitätsangebote im ÖPNV, insbesondere im ländlichen Raum, sind wenig attraktiv für die Nutzer*innen:
- Sie leiden unter unzureichenden Fahrgastzahlen
- Sie werden häufig nicht eigenwirtschaftlich betrieben (dies gilt im liniengebundenen Busverkehr – außerhalb des Schülerverkehrs – wie auch in bedarfsorientierten flächendeckenden Angeboten, die mit Bussen agieren)
- Freie Kapazitäten werden nicht genutzt.
- Eine nachfrageorientierte Anpassung zur Verbesserung der Mobilität findet aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten oft nicht statt.
Lieferung noch am selben Tag sowie on-demand
Im Gegensatz zu anderen Projekten (z.B. „Kombibus" in der Uckermark), erfolgen im Projekt Hofer LandLieferbus der Stadt Rehau und Gemeinde Regnitzlosau sowohl die Personentransporte, als auch Warenbelieferung erstmals On-Demand. Sowohl die Einschleusung bestehender Paketsendungen aus dem KEP-Segment, als auch ein lokaler Lieferservice für den lokalen Handel und Lieferdienste für direktvermarktende Hofbetriebe, werden in die vorhandenen Fahrangebote integriert. Die Nahversorgung kann durch Bestellungen und regelmäßigen Lieferservice planbar und in regelmäßigen Intervallen erfolgen. Ein Ausbau der vorhandenen digitalen Buchungssystematik und -logik erleichtert den Zugang und die ideale Abwicklung. Letztlich können somit innerhalb der Region Unternehmen und Bürger*Innen von einer regionalen Same-Day-Delivery profitieren. Der in der Regel subventionierte öffentliche Personenverkehr erhält eine für die Kommunen wirtschaftlichere Basis durch die Erweiterung des Angebotes vom reinen Personen- auf zusätzlichen Warenverkehr. Der HoferLandbus wird dabei zum HoferLandLieferbus.
Die On-Demand-Struktur ist dabei ideal für die Umlegung auf andere Gebiete, da keine Linienverkehre und ggf. meist starre Konzessionen neu strukturiert werden müssen. Im Rahmen eines Bürger*Innen-Beteiligungskonzepts (Bürger*Innenforum) werden innovative Elemente der Zustelllogistik, wie neuartige Übergabeoptionen (z. B. mobile Paketstation, Paketschränke, White Label-Lösungen, Haltestellenboxen) auf Anwendbarkeit diskutiert und festgelegt. „Es ist für viele ländliche Regionen für den Erkenntnisgewinn ideal, dass die Stadt Rehau und Gemeinde Regnitzlosau einen derartigen innovativen Ansatz mit uns gemeinsam erprobt” so Prof. Ulrich Müller-Steinfahrt, der mit seinem Institut (IAL), das Projekt inhaltlich zusammen mit Andreas Weinrich von der Logistikagentur Oberfranken und dem IT-Partner Door-to-Door verantwortet.
Bausteine innovativer Landlogistik
Müller-Steinfahrt stellt die modularen Bausteine der innovativen Landlogistik vor:
- der bedarfsorientierte Verkehr für die Mobilität von Personen und Gütern
- das Ridepooling als IT-seitiger Ansatz, in dem beide „Beförderungsobjekte" zugleich disponiert, geplant und abgewickelt werden
- das konsequentes Sharing von vorhandenen Fahrkapazitäten
- der bedarfsorientierte Einsatz von entsprechenden Fahrzeuggrößen
- das Erproben neuartige Konsolidierungs-, Übergabe- und Abholoptionen für den Bürger*Innen/Empfänger*innen und Händler*Innen im ländlichen Raum.
„Dieser Ansatz einer innovativen Landlogistik wird als Prototyp aktuell modellartig im Landkreis Hof getestet und kann für weitere Regionen entsprechende Lösungen anbieten”, so Müller-Steinfahrt, der sich seit über fünf Jahren mit den Versorgungssystemen im ländlichen Raum beschäftigt.
Im Rahmen der Sicherung der Daseinsvorsorge und gesellschaftlicher Teilhabe sollte ein entsprechend getaktetes Fahrangebot im ÖPNV durchgeführt werden - unabhängig des Auslastungsgrades der Busse. Diese freien Kapazitäten in den Bussen oder Fahrten, die ohnehin stattfinden, könnten für den Warentransport genutzt werden. Ebenso ist die Zustelllogistik der Paketdienstunternehmen in zersiedelten Räumen kaum wirtschaftlich. Ob Personen- und Warentransporte integrierbar sind, wurde bisher wenig erprobt. Es muss hier ein grundlegendes Umdenken in der Planung und Abwicklung der Verkehre erfolgen. „Es ist nötig, verschiedene Betriebsformen, Geschäftsabwicklungen, notwendige Infrastruktur und gegebenenfalls Equipment zu entwickeln” so Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt vom Institut für angewandte Logistik der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.
Neue Nahversorgung im ländlichen Raum
Mit dem Projekt des Hofer Landlieferbus, das im Rahmen des Bundesprogramms „LandVersorgt – Neue Wege zur Nahversorgung in ländlichen Räumen“ vom Bundesministerium Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird, wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ein grundlegender Ansatz auf seine technische, rechtliche, logistische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit geprüft. Die Stadt Rehau und Gemeinde Regnitzlosau sind dabei die kommunalen Initiatoren des Vorhabens.
Gefördert durch Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.